Helicobacter pylori: ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko
„Weltweit ist wohl mindestens jeder zweite Erwachsene mit dem Bakterium Helicobacter pylori infiziert. In Deutschland liegt die Durchseuchungsrate bei 30 bis 40 Prozent.“
PD Dr. Michael Selgrad, Chefarzt des Fachbereichs Gastroenterologie und Onkologie, beschäftigt sich seit rund 20 Jahren mit dem Bakterium Helicobacter pylori, das sich an der Magenschleimhaut und im Darm ansiedelt und dort verschiedene Erkrankungen verursachen kann. Er leitet die „Arbeitsgruppe Therapie“ einer deutschen Expertengruppe, die unter der Federführung der Fachgesellschaft Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS) die aktuelle Leitlinie „Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit“ erarbeitet.
Der Magenkeim Helicobacter pylori führt zu einer chronisch aktiven Gastritis – mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen. In der durch das Bakterium hervorgerufenen Gastritis sehen Experten eine Infektionskrankheit, unabhängig davon, ob Beschwerden oder Komplikationen bestehen. Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch.Wie genau Menschen sich mit dem Bakterium infizieren, ist bis heute nicht vollständig geklärt. „Alles deutet darauf hin, dass es in den ersten Lebensjahren von der Mutter auf das Kind übertragen wird“, sagt der Helicobacter-pylori-Experte Michael Selgrad. Die Bakterien finden sich beispielsweise in Speichel oder Stuhlgang. Neuinfektionen im Erwachsenenalter seien dagegen selten.
Vorbeugen kann man nicht
„Es existieren keine anerkannten Präventionsstrategien zur Verhinderung einer Helicobacter-pylori-Infektion“, heißt es in den deutschen Leitlinien. Auch einen Impfstoff gegen das Bakterium gibt es noch nicht. „Bisherige Versuche waren leider erfolglos“, so Selgrad. Viele Menschen tragen das Bakterium in sich, ohne etwas davon zu merken, die Infektion verläuft bei ihnen symptomlos. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass Helicobacter pylori im Kindesalter vor Allergien schützen kann. Harmlos ist das Bakterium aber trotzdem nicht: „Etwa 20 Prozent der Infizierten bekommen ernsthafte gesundheitliche Probleme“, sagt Selgrad. Helicobacter pylori kann Magen- und Dünndarmgeschwüre verursachen und gilt als wichtigster erworbener Risikofaktor für die Entstehung von Magenkrebs.
Dass nicht alle Infizierten gleichermaßen betroffen sind, hat Selgrad zufolge verschiedene Gründe: Zum einen gebe es aggressivere und weniger aggressive Bakterienstämme. Zum anderen spielten auch individuelle Risikofaktoren wie Alkohol, Rauchen und die Einnahme bestimmter Medikamente eine Rolle.
Die Leitlinien wurden angepasst, um die Therapie zu optimieren
Therapiert wird eine Helicobacter-pylori-Infektion bei Erwachsenen mit einer zehn- bis vierzehntägigen AntibiotikaKur. Dabei werden zwei bis drei verschiedene Antibiotika mit einem sogenannten Protonenpumpeninhibitor (PPI) kombiniert – einem Medikament, das die Magensäure hemmt, damit die Antibiotika wirken können. „Durch den hohen Antibiotikaverbrauch weltweit sind einige der gängigen Antibiotika aber nicht mehr wirksam“, betont Selgrad. Auch deshalb wurden Änderungen in der deutschen Leitlinie nötig. Die neuen Therapierichtlinien richten sich nun stark nach der Resistenzlage der verwendeten Antibiotika mit dem Ziel, weiteren Antibiotikaresistenzen vorzubeugen. Mit den neuen Regelungen würden zudem die Therapiemöglichkeiten erweitert, erläutert Selgrad.
„Die Helicobacter-pylori-Infektion gilt in Zukunft unabhängig von Symptomen beziehungsweise klinischem Erscheinungsbild als eine bakterielle Erkrankung des Magens. Ein positiver Test auf den Magenkeim stellt im Erwachsenenalter also immer eine Therapieindikation dar, auch wenn die Patientin oder der Patient keine Beschwerden hat. Dies ermöglicht eine frühzeitige Vorsorge gegen Magenkrebs.“
Für den Nachweis der Helicobacter-Bakterien kommen unterschiedliche Methoden in Frage, darunter die Magenspiegelung, ein Harnstoff-Atemtest oder spezielle Untersuchungen im Stuhl. Diese Untersuchungen werden im Klinikum Fürstenfeldbruck im Fachbereich für Gastroenterologie und Onkologie angeboten. Die Ärztinnen und Ärzte beraten gerne, wann und ob ein Test sinnvoll erscheint.
(Auszug aus dem Gesundheitsmagazin visavis 47)