Multimodale Schmerztherapie

Im November 2018 wurde im Klinikum die Multimodale Schmerztherapie eröffnet. Die Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen ist ein Angebot des Fachbereichs Anästhesie und operative Intensivmedizin und erweitert damit das Spektrum der Abteilung. Behandelt werden Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzerkrankungen, unabhängig davon, welche Ursachen diese Schmerzen haben. Zusätzlich bieten wir Unterstützung und Beratung bei der Diagnostik von Patienten mit chronischen Schmerzen.

Schwerpunkte unseres Leistungsspektrums

  • Sämtliche Schmerzerkrankungen, bei denen die eigentliche Ursache nicht (mehr) bestimmbar oder bereits abgeklungen ist
  • Kopf- und Gesichtsschmerzen
  • Post-Zoster-Neuralgie
  • Schmerzen der Wirbelsäule und/oder des Bewegungsapparates
  • Sonstige neuropathische Schmerzsyndrome
  • Fibromyalgiesyndrom
  • Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS, Morbus Sudeck, Kausalgie)

Besondere Therapieverfahren

  • Spezielle medikamentöse Schmerztherapie
  • Medikamenten-Entzugsbehandlung bei Schmerzmittel-Fehlgebrauch
  • Sonografisch gesteuerte Blockaden peripherer Nerven zur Diagnostik und Therapie
  • Blockaden des sympathischen Nervensystems (Ganglienblockaden) zur Unterbrechung der Weiterleitung von Nervenimpulsen
  • Behandlung der chronischen Migräne mit Botulinumtoxin-A
  • Elektrische Nervenstimulation durch die Haut (transkutan)
  • Stimulation des Oberaugenhöhlennervs (Nervus supraorbitalis) bei Migräne
  • Operative Neuromodulation (in Kooperation mit einem niedergelassenen Neurochirurgen)

Patienten-Information

Was ist eine chronische Schmerzerkrankung?

Akute Schmerzen kennen wir alle. Sie treten auf, wenn wir uns verletzten und haben eine sinnvolle biologische Funktion. Sie warnen uns, wenn bzw. bevor unser Körper größeren Schaden nimmt und sind mit bestimmten Verhaltensweisen gekoppelt: Wir ziehen z.B. automatisch die Hand weg, wenn wir einen heißen Gegenstand berühren oder schonen unseren Arm, wenn er gebrochen ist.

Akute Schmerzen sind also ein Symptom einer Erkrankung. Entsprechend klingen akute Schmerzen auch wieder ab, wenn die Erkrankung ausheilt.

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei chronischen Schmerzen nicht mehr um ein Symptom. Die Ursache für die Schmerzen ist bereits abgeklungen oder kann u.U. gar nicht mehr erkannt werden. Dennoch leidet der Patient weiter an seinen Beschwerden; die biologische Funktion des akuten Schmerzes als Warn- und Schutzsignal ist verloren gegangen. Der Schmerz ist zu einer eigenständigen Erkrankung geworden.

Chronische Schmerzen sind dadurch gekennzeichnet, dass sich die Beschwerden verselbständigt haben und in ein neues Krankheitsbild übergegangen sind (chronische Schmerzerkrankung). Dies hat Einfluss auf das gesamte Leben des Patienten.

Welche Möglichkeiten zur Therapie chronischer Schmerzen bieten wir an?

Bei akuten Schmerzerkrankungen steht die Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund: Wenn die Verletzung geheilt, die Grunderkrankung behandelt ist, klingen die Schmerzen ab. Akute Schmerzen werden daher primär vom entsprechenden Facharzt diagnostiziert und therapiert.

Da bei chronischen Schmerzerkrankungen dieses Grundproblem meist nicht mehr besteht oder gar nicht (mehr) erkennbar ist, sind oft andere Therapieansätze nötig, etwa eine stationäre multimodale Schmerztherapie.

Was ist eine multimodale Schmerztherapie?

Bei einer multimodalen Schmerztherapie arbeitet ein Team aus Ärzten und Therapeuten eng zusammen. Das Ziel dieses Teams: Die Betroffenen sollen mit chronischen Schmerzen besser zurechtkommen, trotz Schmerzen ihren Alltag wieder aktiver gestalten können und dadurch Lebensqualität und Funktionalität zurückgewinnen.

  • Ein wichtiges Prinzip der multimodalen Schmerztherapie ist die individuelle Ausrichtung der Behandlung an den Fähigkeiten und Problemen des jeweiligen Patienten. Dies kann in Einzel- und Gruppentherapieeinheiten erfolgen.
  • Ebenfalls unverzichtbar ist eine präzise Schmerzanalyse.
  • Die Ärzte kümmern sich um die Optimierung der Medikamente. Sie klären über die wichtigsten Medikamente und deren Wirkungsweise sowie ggf. Nebenwirkungen auf.
  • Die Patienten erfahren, wie Schmerzen entstehen und verarbeitet werden. Sie erhalten wichtige Informationen über chronische Schmerzen sowie deren Behandlungsmöglichkeiten und erlernen Strategien für den Umgang mit dem Schmerz und seinen Folgen. Sie sollen dabei das Gefühl, verlieren, „Ihren Schmerzen ausgeliefert zu sein“.
  • Neben körperlichen Beeinträchtigungen wirken sich Schmerzen auch oftmals negativ auf Denken, Verhalten und Stimmung der Betroffenen aus. Es können sich Veränderungen in der Familie, im Freundeskreis und in der beruflichen Situation ergeben. In der psychologischen Therapie lernen Patienten Entspannungsverfahren kennen, mit deren Hilfe sie dem entstandenen „Teufelskreis“ zwischen Muskelanspannung, Stress und Schmerz längerfristig entgegenwirken können.
  • Das Erlernen funktionaler Stress- und Schmerzbewältigungsstrategien sowie ein achtsamer Umgang mit sich selbst stellen weitere wesentliche Inhalte der Therapie dar. Dies ermöglicht es, Schmerzempfindungen selbst zu beeinflussen und mit den Beeinträchtigungen besser umgehen zu können.
  • Durch die Bewegungstherapie soll die körperliche Belastbarkeit des Patienten wieder hergestellt werden. Im Vordergrund stehen dabei die Schulung der Köperwahrnehmung, ein an die individuellen Möglichkeiten des Patienten angepasstes Ausdauertraining und die allgemeine Verbesserung der Beweglichkeit.
  • Zur Entlassung wird ein individuell abgestimmtes aktives Eigenübungsprogramm erarbeitet, welches die Patienten zu Hause selbständig fortführen können.

Ärzte-Information

Wer kommt für eine stationäre Schmerztherapie in Frage?

Zur Durchführung einer Multimodalen stationären Schmerztherapie müssen mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllt sein:

  • manifeste oder drohende Beeinträchtigung der Lebensqualität und/oder der Arbeitsfähigkeit
  • Fehlschlag einer vorherigen unimodalen Schmerztherapie
  • Fehlschlag eines schmerzbedingten operativen Eingriffs oder einer Entzugsbehandlung
  • bestehende/r Medikamentenabhängigkeit oder –fehlgebrauch
  • schwere psychische Begleiterkrankung
  • schwere somatische Begleiterkrankung

Weiterhin sind folgende Aufnahmekriterien zu erfüllen:

  • Abgeschlossene fachärztliche Diagnostik
  • Ausreichende körperliche und psychische Leistungsfähigkeit, um am ganztägigen Gruppenprogramm aktiv teilnehmen zu können
    (Mindestanforderung: selbständige (!) Mobilität über 150 m in der Ebene zweimal täglich)
  • Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift

Zusätzlich betreuen wir konsiliarisch Schmerzpatienten aller bettenführenden Abteilungen am Klinikum Fürstenfeldbruck.

Akute Schmerzen werden primär vom entsprechenden Facharzt diagnostiziert und therapiert. Ausnahmen sind Patienten, bei denen eine Therapie besonders dringlich ist, z.B. akute Zosterneuralgie oder ein neu aufgetretenes CRPS. In diesen Fällen sollte der behandelnde Arzt den Termin in unserer Schmerzambulanz direkt vereinbaren. Benötigte Unterlagen zur Vorstellung in der Schmerzambulanz: Überweisung zur Schmerztherapie, alle mit der Schmerzerkrankung in Verbindung stehenden Vorbefunde und eine vollständige und aktuelle Medikamentenliste. Hierbei wird auch die Indikation zur Durchführung einer stationären Therapie geprüft und ein entsprechender Aufnahmetermin vereinbart.

Eine längerfristige oder engmaschige Betreuung muss aus Kapazitätsgründen derzeit weiterhin durch den Hausarzt erfolgen.

Voraussetzung für die Aufnahme eines Patienten in stationäre Schmerztherapie ist immer eine vorherige ambulante Vorstellung. Zunächst erfolgt ein ausführliches Aufnahmeverfahren durch verschiedene Therapeuten mit anschließender Empfehlung für weitere diagnostische und therapeutische Schritte.

Der eigentliche Therapieschwerpunkt liegt auf einem multimodalen Schmerzbewältigungsprogramm für chronische Schmerzpatienten. In einem intensiven Programm erfahren die Patienten eine Behandlung, in der Bewegungstherapie, ärztliche und psychotherapeutische sowie weitere Inhalte individuell vereint werden.

Bestimmte Patientengruppen sind nicht für eine multimodale Schmerztherapie geeignet, da sie an physiotherapeutischen bzw. gesprächsbasierten Gruppentherapien und Edukation nicht ausreichend teilnehmen können. Dazu gehören z.B.:

  •         Auch mit Hilfsmitteln nicht ausreichend selbständig mobile Patienten
  •         Patienten mit eingeschränkten Deutschkenntnissen
  •         Patienten mit aktiver Suchterkrankung (ausgenommen Schmerzmedikamente)
  •         Patienten mit schwereren psychiatrischen Erkrankungen, explizit ausgenommen sind z.B. Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen

Eine lediglich relative Kontraindikation zur stationären Schmerztherapie besteht bei allen Patienten

  •         mit laufenden Rentenverfahren
  •         laufenden Verschlechterungsanträgen für den Grad der Behinderung
  •         nicht abgeschlossenen Schadensersatzprozessen usw.

Aufgrund der hohen Nachfrage bestehen längere Wartezeiten. Sinnvoll ist es deshalb, Patienten frühzeitig anzumelden. Bitte halten Sie im Zweifelsfall unbedingt Rücksprache mit unserem Ärzteteam.

Die Patienten erhalten von uns vorab einen standardisierten Fragebogen und werden, falls nötig, zu einem Gespräch in unsere Ambulanz eingeladen, um die Indikation zur multimodalen Schmerztherapie zu bestätigen und Kontraindikationen auszuschließen.

Für das Vorgespräch benötigt der Patient folgende Unterlagen vom behandelnden Arzt:

  •         Überweisung zur Schmerztherapie
  •         Sämtliche Vorbefunde der letzten 10 Jahre zur Vermeidung unnötiger Doppelbefunde
  •         Schriftliche radiologische Befunde. Ausgedruckte Bilder oder Bilder auf CD sind nicht erforderlich.
  •         Arztbriefe, insbesondere solche im Kontext der Schmerzerkrankung
  •         Aktuelle und vollständige Medikamentenliste

Die Kontaktaufnahme zur Kostenübernahme mit der jeweiligen Krankenkasse kann bei einigen privaten Krankenversicherern sinnvoll sein.

Sollte sich anhand der ambulanten Vorstellung keine Indikation für eine stationäre multimodale Schmerztherapie ergeben, erhalten Sie einen ausführlichen Arztbrief mit entsprechender Diagnostik- und Therapieempfehlung zur ambulanten Weiterbehandlung. Andernfalls erfolgt nach Abschluss der Therapie ein ausführlicher Bericht.

Dr. med. Marcus Lenk, DESA

Oberarzt Anästhesie und operative Intensivmedizin
Facharzt für Anästhesie, spezielle Schmerztherapie,
spezielle Intensivmedizin
Europäisches Diplom für Anästhesie und Intensivmedizin (EDAIC)
Fachkunde Rettungsdienst
Hygienebeauftragter Arzt

Dr. med. Michael Volger-Leubner

Facharzt für Anästhesie
Palliativmedizin
Spezielle Intensivmedizin
Notfallmedizin
Reise- und Tropenmedizin

Fabiola Günzl

Gesundheits- und Krankenpflegerin
Algesiologische Fachassistenz

Kontakt und Information

  • 08141/99-5100
  • 08141/99-5109
  • schmerztherapie@klinikum-ffb.de

Sprechzeiten

  • Montag und Freitag von 9:30 bis 15:30
    Dienstag und Donnerstag von 12:00 bis 15:30
  • Vorgesprächstermine ausschließlich nach Vereinbarung

Weitere Informationen

Wenn der Schmerz zur eigenständigen Krankheit wird
Flyer  „Schmerztherapie Patienteninformation“
Ärzteinformation zum Download
“Raus aus dem Teufelskreis – multimodale Schmerztherapie gegen quälende Schmerzen“

Anmeldebogen für Ärzte

Anmeldebogen zu stationären Schmerztherapie

Ausbildungsangebot für Psychologen

Für Psychologen (m/w/d) in Ausbildung für PT2 bieten wir regelmäßig Plätze an. Wenn Sie Interesse haben, melden Sie sich bitte per Mail bei uns.