Durchblutungsstörungen der Beine: von der „Schaufensterkrankheit“ zum „Raucherbein“

Es beginnt mit kalten Füßen oder einem Taubheitsgefühl in den Beinen. Bald danach treten krampfartige Wadenschmerzen bei längeren Spaziergängen auf, die zum Stehenbleiben zwingen. Schaufensterkrankheit wird dies im Volksmund genannt, weil Betroffene vor Geschäfteauslagen Pausen einlegen, um die Schmerzen zu verbergen – so die Erklärung des harmlosen Namens für diese ernstzunehmende Erkrankung.

Rund fünf Millionen Menschen leiden in Deutschland an einer Durchblutungsstörung der Beine, medizinisch als „periphere arterielle Verschlusskrankheit“ bezeichnet. Ursache dafür ist die Schwächung der Gefäße durch „Verkalkung“. Diese Arteriosklerose führt zu einer allmählich fortschreitenden Verengung der Schlagadern und verhindert, dass genügend sauerstoffreiches Blut in die Beine gelangt. Die Erkrankung entwickelt sich meist schleichend und wird häufig erst dann erkannt, wenn die Betroffenen aufgrund des Sauerstoffmangels quälende Schmerzen haben. Gelingt es nicht, die Erkrankung in einem frühen Stadium zu stoppen, folgen nächtliche Ruheschmerzen, später dann chronische Wunden und das Absterben von Gewebe. Im schlimmsten Fall kann dies sogar zum Verlust des betroffenen Beins führen. Früher wurde diese schwere Komplikation als Raucherbein bezeichnet, nahm man doch an, dass nur bei Rauchern diese Durchblutungsstörung auftritt. Heute wissen wir, dass es auch andere Faktoren wie Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen gibt.

Eine rechtzeitige und konsequente Behandlung der Schaufensterkrankheit ist nicht nur zur Linderung der Schmerzen wichtig, sondern verhindert weitere, schwerwiegende Folgen. Denn Gefäßverkalkungen beschränken sich selten auf die Beinschlagadern, häufig sind auch Herzkranzgefäße und hirnversorgende Gefäße betroffen.

Der Schlüssel zum dauerhaften Therapieerfolg liegt darin, bekannte Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht oder Bewegungsmangel zu vermeiden. Als positiver Nebeneffekt wird damit auch die Gefahr eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls gesenkt. Vor allem im Frühstadium ist ein mit dem Arzt abgestimmtes Gehtraining die Behandlungsgrundlage. Auf diese Weise können sich neue Blutgefäße bilden, welche verstopfte Gefäßabschnitte umgehen und die Muskulatur wieder mit Sauerstoff versorgen. Während im Frühstadium der Schaufensterkrankheit neben dem Gehtraining eine medikamentöse Therapie im Vordergrund steht, ist bei fortgeschrittener Erkrankung oft ein zusätzlicher operativer Eingriff erforderlich. Dank neuer minimal-invasiver Verfahren lässt sich heute häufig eine größere Operation vermeiden. Unter örtlicher Betäubung können Engstellen durch einen Katheter aufgedehnt (Ballondilatation) und falls nötig, zusätzlich eine flexible Gefäßstütze (Stent) eingesetzt werden. Erst bei gravierenden Gefäßverschlüssen kommen „klassische“ Operationsverfahren zum Einsatz, wobei der Gefäßkalk operativ ausgeschält (Ausschälplastik) oder die Engstelle durch eine Umleitung (Bypass) umgangen wird.

Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung dieser – leider noch immer – unterschätzten Krankheit ist eine rechtzeitige Diagnose mit individuellem Therapieplan vom Gefäßspezialisten.

Autor des Beitrags: Dr. med. univ. Kurt Dejori, Chefarzt Gefäßchirurgie