Pflege in der Notaufnahme – ein ansprucksvolles Berufsbild
Der Wartebereich in der Zentralen Notaufnahme (ZNA) ist schon gut gefĂŒllt, als ein weiterer Patient in Begleitung seiner Frau schwer atmend und mit schmerzverzerrtem Gesicht am Anmeldetresen eintrifft. Fast gleichzeitig nĂ€hert sich das immer lautere schallende Martinshorn. Zwei NotfallsanitĂ€ter eilen mit einem Unfallopfer auf der Liege direkt in Richtung Schockraum. Das ZNA-Team war kurz zuvor durch die Rettungsleitstelle informiert worden, dass die unfallmedizinische Erstversorgung eines Schwerverletzten ansteht. Kein Zweifel: Hier geht es um Leben und Tod!
Chefarzt Dr. Marian Poetzsch ĂŒbernimmt den Patienten vom Notarzt, wĂ€hrend bereits der Kollege aus der AnĂ€sthesie und eine AnĂ€sthesie-Pflegekraft eintreffen. Zum Team, das sich um die Erstversorgung und Stabilisierung kĂŒmmert, gehört auch eine Fachkraft aus der Notfallpflege. Das gesamte Notfallteam im Dienst ist gerade voll ausgelastet: Im GesprĂ€ch mit einem Patienten, der einen SchwĂ€cheanfall hatte, werden dessen Symptome erfasst und eingeordnet. Bei einer Patientin muss eine offene Wunde gereinigt werden. Und bei dem Ă€lteren Mann, bei dem die radiologische Untersuchung soeben einen Unterarmbruch bestĂ€tigt hat, steht jetzt das Gips-Anlegen an.
WĂ€hrend sich die TĂŒr zum Schockraum schlieĂt, wird es im Wartebereich lauter. âBitte kĂŒmmern Sie sich schnell um meinen Mann. Sehen Sie doch, es geht ihm immer schlechter!â, fleht seine Ehefrau. âMoment mal, ich warte hier schon ĂŒber zwei Stunden. Sie können sich nicht einfach vordrĂ€ngeln,â beschwert sich eine junge Frau mit einem blutverschmierten Verband um die Hand. âJetzt bin ich dran!â
FĂŒr Jacqueline Schmidt gehören solche Situationen zum Arbeitsalltag. Sie arbeitet als Pflegefachkraft in der ZNA des Klinikums FĂŒrstenfeldbruck. Schon frĂŒh interessierte sich die heute 25-JĂ€hrige fĂŒr die notfallmedizinische Arbeit. ZunĂ€chst engagierte sie sich bei der Wasserwacht, als Jugendliche war sie als SanitĂ€terin aktiv und noch heute betreut sie eine Jugendgruppe beim Roten Kreuz. Nach ihrem Abitur stand fĂŒr sie fest, dass sie einen Gesundheitsberuf ergreifen wĂŒrde. Nach drei Jahren Ausbildung in einem hessischen Krankenhaus hatte sie dann 2019 ihren Abschluss als Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Tasche. Damit wollte sie sich weit ab der Heimat nĂŒtzlich machen und auf diese Weise auch ihren Horizont erweitern. Sie entschloss sich fĂŒr einen Freiwilligendienst im ostafrikanischen Tansania, bei dem sie sich nicht nur intensiv mit Land und Leuten beschĂ€ftigte, sondern auch Swahili, die heutige Verkehrssprache, lernte. Gerne wĂ€re sie lĂ€nger geblieben, doch die Corona-Pandemie durchkreuzte ihre PlĂ€ne und zwang sie nach einem halben Jahr zur RĂŒckkehr nach Deutschland.
Eine Bewerbung auf eine Stelle in der Notfallpflege im Klinikum FĂŒrstenfeldbruck fĂŒhrte sie 2020 wieder in ihre Heimatstadt in die NĂ€he ihrer Familie und Freunde. Von Anfang an empfand sie die abwechslungsreichen Aufgaben und das kollegiale Miteinander im ZNA-Team als GlĂŒcksfall. Genau so wollte sie arbeiten: Statt eintöniger Routine jeden Tag etwas Neues lernen; den bereichernden Austausch und die enge Zusammenarbeit mit anderen Berufen und Fachbereichen im Klinikum erleben; und â wenn es darauf ankommt – auch mal ganz reaktionsschnell und konzentriert Hochleistung erbringen und ĂŒber sich hinauswachsen. âDas reizt mich!â, betont sie. Obwohl die junge Frau mit diesen typischen Herausforderungen der Notfallpflege gut klarkommt, ist sie sich auch bewusst, welchâ hohe Verantwortung sie Tag fĂŒr Tag in ihrem Job trĂ€gt. Umso mehr freut sie sich nun ĂŒber die Chance, an der Fachweiterbildung Notfallpflege teilnehmen zu können: âIch weiĂ es zu schĂ€tzen, dass mein Arbeitgeber die Weiterbildungskosten ĂŒbernimmt und mich fĂŒr die PrĂ€senzphasen der Theoriemodule wie auch fĂŒr die PraxiseinsĂ€tze in anderen Einrichtungen freistellt. Lernen, solange man lebt â das ist mein persönliches Credo, und das halte ich gerade im Pflegeberuf fĂŒr enorm wichtig.â
Fachweiterbildung Notfallpflege
Die Notfallbereiche von KrankenhĂ€usern sind sowohl fĂŒr Patient*innen mit akuten Gesundheitsproblemen als auch Rettungsdienste die erste Anlaufstelle fĂŒr eine medizinische Versorgung. Hier arbeiten verschiedene Berufsgruppen Hand in Hand, um den breit gefĂ€cherten Anforderungen gerecht zu werden.
FĂŒr PflegekrĂ€fte, die sich fĂŒr diese komplexen Aufgaben fit machen wollen, gibt es die spezielle Fachweiterbildung Notfallpflege nach den Empfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Zum umfassenden Spezialwissen, das dabei vermittelt wird, gehören Kompetenzen wie die ErsteinschĂ€tzung und pflegerische Versorgung von akut oder kritisch erkrankten Patient*innen, die Arbeit im Aufnahmebereich oder Schockraum, Wundversorgung und Akutdiagnostik, Ăberwachung der Notfallpatienten sowie Organisation und Strukturierung der AblĂ€ufe in der Notaufnahme.
Wer kann teilnehmen?
Teilnehmen kann, wer eine dreijĂ€hrige Ausbildung mit staatlichem Examen zum Gesundheits- und Krankenpfleger*in (zukĂŒnftig: Pflegefachperson) abgeschlossen hat und mindestens sechs Monate Erfahrung in der Notfallpflege mitbringt.
Wie lange dauert die Weiterbildung?
Die Teilnahme erfolgt berufsbegleitend ĂŒber zwei Jahre hinweg.
Wie setzen sich die Inhalte zusammen?
Bei der Weiterbildung ergĂ€nzen sich ein theoretischer und ein praktischer Teil nebst entsprechenden ModulprĂŒfungen, praktischen Leistungsnachweisen sowie einer praktischen und mĂŒnd-lichen AbschlussprĂŒfung.
Welche Anteile haben Theorie und Praxis?
Die theoretischen Inhalte werden an speziellen, von der DKG anerkannten WeiterbildungsstĂ€tten vermittelt. Zu den beiden Basismodulen kommen fĂŒnf Fachmodule hinzu. Zudem wird von den Teilnehmenden erwartet, dass sie zusĂ€tzlich zu den mindestens 720 Stunden Theorie noch rund 180 Stunden selbstgesteuert in der Freizeit lernen.
Die praktische Weiterbildung umfasst mindestens 1.800 Stunden unter fachkundiger Anleitung, der gröĂte Teil davon in einer Notaufnahme, teils auch auĂerhalb der eigenen Klinik. Weitere praktische EinsĂ€tze sind auf der Intensivstation, der AnĂ€sthesie, in der prĂ€klinischen Notfallversorgung und in einem Bereich der eigenen Wahl vorgesehen.
Welche Verdienstmöglichkeiten verbinden sich mit der erfolgreichen Weiterbildung?
Das Einkommen kann von Fall zu Fall variieren, aber je nach Erfahrung ist ein durchschnittliches monatliches Grundentgelt von rund 3.315 Euro bis knapp 4.000 Euro brutto bei einer Vollzeitstelle mit 38,5 Wochenstunden möglich. Hinzu kommen noch diverse Zulagen wie die Pflegezulage, Krankenhauszulage, Schichtzulagen und sĂ€mtliche ZeitzuschlĂ€ge fĂŒr Nacht- und Feiertagsarbeit, sodass ein Jahresbrutto von bis zu knapp 60.000 Euro erreicht werden kann. Im Klinikum FĂŒrstenfeldbruck ist die GrundvergĂŒtung zudem tariflich abgesichert durch den TVĂD-K. Die geleisteten Arbeitszeiten werden digital erfasst und Ăberstunden ggf. ĂŒber einen Zeitausgleich abgegolten. Neben der hohen Arbeitsplatzsicherheit kommt den BeschĂ€ftigten auch die
ĂŒberwiegend arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersvorsorge (ZVK) zugute sowie weitere Benefits, die zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben beitragen, etwa die Option auf flexible Arbeitszeitmodelle und betriebseigene KiTa-PlĂ€tze fĂŒr Kinder bis zu 3 Jahren.