Bessere Heilungschancen für chronische Wunden

Die meisten Wunden heilen von ganz allein. Doch in manchen Fällen schließen sie sich auch nach Monaten nicht. Wenn eine Wunde innerhalb von acht Wochen nicht abheilt, gilt sie als chronisch. Damit verbunden sind stets große Belastungen für die Patienten, denn chronische Wunden schmerzen, schränken die Beweglichkeit sowie das soziale Leben ein und riechen meistens unangenehm.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Wissen über einen heilungsfördernden Umgang mit Wunden enorm verbessert. Trotz aller Fortschritte stellt die Versorgung chronischer Wunden jedoch bis heute – in medizinischer wie auch ökonomischer Perspektive – eine Herausforderung dar. „Wir erleben in unserer täglichen Praxis immer wieder, dass sich Patienten mit chronischen Wunden erst nach einem monate- oder sogar jahrelangen „therapieresistenten“ Verlauf zur Abklärung der Durchblutungssituation vorstellen,“ schildert Dr. Kurt Dejori, Chefarzt des Fachbereichs Gefäßchirurgie die Erfahrungen am Klinikum Fürstenfeldbruck.

Die Initiative Chronische Wunden e.V., die sich der Unterstützung Betroffener verschrieben hat, geht davon aus, dass lediglich jede fünfte chronische Wunde richtig versorgt wird. Dabei müsste sich kein Patient mit den leidvollen Folgen chronischer Wunden abfinden. Mit wirksamen Methoden der hydroaktiven Wundtherapie, die auch im Klinikum Fürstenfeldbruck zum Einsatz kommen, können Experten die Behandlung unterstützen und den Heilungsprozess der Wunde fördern. Das gilt selbst bei schwierigen Wundsituationen, wie sie etwa beim diabetischen Fuß, bei offenen Beinen (z. B. Ulcus cruris venosum) oder Druckgeschwüren (Dekubitus) auftreten. Die Heilung wird beschleunigt, Komplikationen treten seltener auf und die Lebensqualität der Betroffenen wird insgesamt verbessert. Ein weiterer positiver Effekt: Auch die Folgekosten nicht fachgerecht versorgter Wunden, die in den Sozialversicherungssystemen beträchtlich zu Buche schlagen, könnten reduziert werden.

Was heißt „moderne“ Wundtherapie?

Feuchte Behandlung, phasengerechte Unterstützung des Wundheilungsprozesses und eine Versorgung im berufsübergreifenden Experten-Team – auf diese Prinzipien baut die moderne Wundtherapie.

Dass Wunden am besten in einem feuchten Milieu heilen, ist seit den 1960er Jahren wissenschaftlich nachgewiesen. Je nach Wundheilungsphase werden unterschiedliche hydroaktive Wundauflagen ausgewählt. Wann welche Wundauflage zum Einsatz kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab: unter anderem vom sogenannten Wundexsudat, d. h. der aus den Blut- und Lymphgefäßen ausgetretenen Flüssigkeit, der Infektion, dem Belag in der Wunde, der Tiefe und auch der ­vorangegangenen Therapie.

Unverzichtbar für einen phasengerechten Umgang mit der Wunde ist das Wissen über die Ursachen nicht heilender Wunden, die unterschiedlichen Stadien der Wundheilung und die möglicherweise beeinflussenden Störfaktoren. So kann die Entscheidung, wann welche Wundauflage sinnvoll ist, nur getroffen werden, wenn Klarheit über die vorliegende Wundheilungsphase oder eine eventuell vorliegende Grunderkrankung herrscht.

Modernes Wundmanagement setzt eine strukturierte, interdisziplinäre Versorgung von Wunden voraus. Bei sämtlichen Anforderungen – von der Wundanam­nese, der Wundinspektion und Wundbehandlung über die Schmerztherapie bis hin zur Hilfsmittelversorgung und Wunddokumentation – bringen unterschiedliche Professionen ihre spezifische Expertise ein und arbeiten Hand in Hand für das bestmögliche Therapieergebnis.

Wunde ist nicht gleich Wunde

Bei Wunden unterscheidet man akute und chronische Verläufe. Bei akuten Wunden stellt sich innerhalb von maximal acht Wochen ein Heilungsprozess ein, der bei einem gesunden Organismus in etwa so verläuft: Zunächst verschließt ein sogenannter Wundpfropf das zerstörte Gewebe.  Dann folgt eine Entzündung, in deren Verlauf spezialisierte Immunzellen Fremdkörper, Krankheitserreger und abgestorbenes Gewebe entfernen. Schließlich entstehen neue Zellen und die Wundränder ziehen sich zusammen – die Wunde schließt sich.

Bei chronischen Wunden hingegen kann eine Linderung – unabhängig von der zeitlichen Dimension – erst dann eintreten, wenn deren Ursache fachgerecht behandelt wird. Dies ist beispielsweise der Fall bei diabetischen Fußwunden, bei Wunden, die als Folge von Durchblutungsstörungen der Beine („Schaufensterkrankheit“) oder eines fortgeschrittenen Venenleidens entstehen wie auch bei Druckgeschwüren aufgrund von sehr langem Liegen oder Sitzen. Seltener treten chronische Wunden aufgrund von Gefäßentzündungen im Zusammenhang mit Autoimmun- oder Hauterkrankungen auf.

Bei einer Vielzahl chronischer Wunden kann eine Abheilung durch einen venösen oder arteriellen Eingriff bzw. einer individuellen Kausaltherapie erreicht werden. Begleitend zu der auf die jeweiligen Ursachen abgestimmten Behandlung bewährt sich in den meisten Fällen eine symptomatische, an den Phasen der Wundheilung orientierte, feuchte Wundbehandlung. Auch auf den begleitenden Einsatz von Hilfsmitteln wie etwa die Kompressionstherapie, Spezialeinlegesohlen mit Druckentlastung und Schuhversorgung legen die erfahrenen Experten am Klinikum Fürstenfeldbruck großen Wert.

Welche modernen Wundbehandlungsmethoden kommen im Klinikum zum Einsatz?

Eine wichtige Behandlungsmethode ist die operative Wundreinigung, auch ­chirurgisches Débridement genannt. Ist eine Wunde ohne Belag und Keime,
d. h. in der Granulationsphase, kann eine plastische Deckung durch Hauttransplantation erfolgen. Nahezu alle heute gängigen hydroaktiven Wundauflagen kommen zum Einsatz, darunter beispielsweise:

  • Hydrokolloidverbände
  • Hydrokapillarverbände
  • Hydrofaserverbände
  • semipermeable Folienverbände
  • Alginate
  • Polyurethanschäume
  • Keimbindende und superabsorbierende Wundauflagen
  • Wundauflagen mit Kollagen oder mit Silber, Hyaluronsäure, Hydrogele ohne Wirkstoff oder mit Honig oder Antiseptika

Auch die Unterdrucktherapie sowie Biochirurgie mit Fliegenlarven wird in geeigneten Fällen angewendet.

Interview mit Dr. Kurt Dejori und der Wundexpertin Katja Teubner.